Wirecard: Keine Schadensersatzansprüche von Aktionären gegen die BaFin
veröffentlicht am 31.08.2025 -
Rechtsanwältin Mihriban
Bircan-Paul
OLG Düsseldorf bestätigt: BaFin trifft keine Amtshaftung bei Wirecard-Skandal
Der Wirecard-Skandal beschäftigt seit Jahren nicht nur Strafgerichte und
Untersuchungsausschüsse, sondern auch Anleger, die hohe Verluste erlitten haben.
Immer wieder stellt sich die Frage: Kann die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht für entstandene Schäden haftbar gemacht werden?
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dies nun in einem aktuellen Urteil (Urt. v.
27.08.2025 – I-18 U 108/24) klar verneint. Eine Aktionärin der Wirecard AG
scheiterte mit ihrer Klage auf Schadensersatz gegen die BaFin.
Aktionärin macht Schadensersatz geltend
Die Klägerin hatte 2016 zunächst 100 Aktien der Wirecard AG erworben und im Jahr
2019 weitere 40 Stück zugekauft. Nach Bekanntwerden der Insolvenz verkaufte sie
ihre Aktien im August 2020 mit erheblichem Verlust.
Ihre Argumentation:
- Die BaFin habe mit einem Leerverkaufsverbot und einer Strafanzeige gegen Journalisten der Financial Times den Eindruck erweckt, die kritische Berichterstattung über Wirecard sei unglaubwürdig und nur Teil einer Short-Selling-Attacke.
- Unter diesem falschen Eindruck habe sie weitere Aktien gekauft und Verluste erlitten.
Sowohl das Landgericht als auch das OLG Düsseldorf wiesen die Klage jedoch ab.
Die Gründe des OLG Düsseldorf
Das Gericht stellte klar, dass keine Amtspflichtverletzung der BaFin vorliegt.
- Leerverkaufsverbot war vertretbar:
- Im Jahr 2019 war Wirecard ein DAX-Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung.
- Der Kurs war stark eingebrochen, Short-Seller waren massiv aktiv.
- Aus damaliger Sicht durfte die BaFin ein Leerverkaufsverbot aussprechen, um eine mögliche Marktmanipulation abzuwehren.
- Strafanzeige gegen Journalisten:
- Die BaFin ist verpflichtet, bei Vorliegen eines Verdachts Strafanzeige zu stellen.
- Auch hierin liegt keine pflichtwidrige Handlung.
- Kein Zurechnungszusammenhang:
- Selbst wenn man von Pflichtverletzungen ausgehen würde, fehlte es an der Kausalität zwischen BaFin-Handeln und Anleger-Schaden.
- Das Leerverkaufsverbot hatte nur eine Beruhigungsfunktion, keine Aussage über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Financial-Times-Berichte.
- Spekulationen, dass Banken Wirecard früher die Finanzierung entzogen hätten, wenn die Maßnahmen der BaFin ausgeblieben wären, genügen nicht.
Bedeutung für Anleger und Praxis
Das Urteil zeigt:
Aktionäre können aus den Handlungen der BaFin im
Zusammenhang mit Wirecard keinen Schadensersatzanspruch herleiten.
- Die Anforderungen an eine Amtshaftung sind extrem hoch.
- Selbst gravierende Skandale wie Wirecard führen nicht automatisch zu einem Ersatzanspruch gegen die Aufsicht.
- Für Anleger bleibt daher nur der Weg, gegen Organe oder Verantwortliche des Unternehmens vorzugehen oder sich an Sammelklagen gegen Wirecard-Verantwortliche zu beteiligen.
Mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf wird ein weiterer Versuch von Anlegern
abgeblockt, die BaFin für Verluste im Wirecard-Skandal haftbar zu machen. Für die
Praxis bedeutet das: Die Amtshaftung der BaFin ist nur in engen Ausnahmefällen
denkbar. Beim Wirecard-Komplex greift sie nicht.
Die Klägerin kann zwar noch Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einlegen, die
Chancen auf Erfolg sind jedoch gering.
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