Geschäftsführer haftet für
rechtsgrundlose Zahlungen an sich selbst
veröffentlicht am 21.09.2025 -
Rechtsanwältin Mihriban
Bircan-Paul
Hintergrund
Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte sich mit einem Fall zu befassen, in dem ein
ehemaliger GmbH-Geschäftsführer erhebliche Zahlungen aus dem
Gesellschaftsvermögen an sich selbst veranlasst hatte. Streitpunkt war, ob diese
Zahlungen durch einen Darlehensvertrag gerechtfertigt waren oder ob es sich um
pflichtwidrige Entnahmen handelte.
Der Beklagte war bis September 2021 Geschäftsführer und Mitgesellschafter einer
GmbH. Er ließ sich u. a. folgende Beträge auszahlen:
- 229.900,00 Euro in mehreren Teilbeträgen zwischen 2019 und 2020,
- 3.078,00 Euro zur Begleichung eigener Gerichtskosten,
- 600.000,00 Euro aus einem Grundstücksverkauf im Jahr 2021.
Der Insolvenzverwalter der GmbH klagte auf Rückzahlung dieser Gelder und auf
Auskunft über zusätzlich vereinnahmte Mietzahlungen.
Die Entscheidung
Das OLG Brandenburg gab dem Insolvenzverwalter weitgehend Recht:
- Der Beklagte wurde verurteilt, weitere 758.405 Euro (218.405 Euro + 540.000 Euro) zurückzuzahlen.
- Außerdem muss er Auskunft über bar vereinnahmte Mietzahlungen erteilen.
- Das Verfahren wurde teilweise zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.
Zentrale Begründungen
- Keine Darlehensgrundlage nachweisbar
Der Beklagte berief sich auf einen angeblichen Darlehensvertrag mit der
Gesellschaft. Weder der behauptete Vertrag noch die Auszahlung eines
Darlehens konnten jedoch überzeugend nachgewiesen werden. Belastbare
Belege fehlten, ein Steuerberater bestätigte lediglich Buchungsvorgänge ohne
Vertragsgrundlage.
- Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG
Als Geschäftsführer habe der Beklagte die Sorgfalt eines ordentlichen
Geschäftsmannes zu wahren. Rechtsgrundlose Zahlungen an sich selbst
verstoßen gegen diese Pflicht.
- Haftung trotz Gesellschafterbeschluss
Ein Gesellschafterbeschluss, auf den sich der Beklagte berief, konnte ihn nicht
entlasten. Schon weil die behauptete Darlehensvereinbarung nicht bewiesen
war, half auch ein solcher Beschluss nicht weiter.
- Auskunftspflicht auch nach Amtszeit
Der Geschäftsführer bleibt nach § 666 BGB i. V. m. § 43 GmbHG auch nach
seiner Abberufung verpflichtet, über Vermögensbewegungen Auskunft zu erteilen.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr:
- Geschäftsführer haften persönlich, wenn sie Gesellschaftsvermögen ohne
Rechtsgrund an sich selbst oder Dritte transferieren.
- Dokumentation ist entscheidend: Bestehen Darlehensverhältnisse zwischen
Gesellschaft und Gesellschafter-Geschäftsführer, müssen diese schriftlich klar
geregelt und nachvollziehbar durchgeführt werden.
- Insolvenzverwalter haben weitreichende Klagerechte: Mit
Verfahrenseröffnung gehen auch Auskunftsansprüche der Gesellschaft auf den
Insolvenzverwalter über.
- Gesellschafterbeschlüsse bieten keinen Freibrief,
wenn die zugrunde liegenden Geschäfte nicht wirksam oder pflichtgemäß sind.
Das OLG Brandenburg stärkt die Kontrollrechte von Insolvenzverwaltern und
Gesellschaftern gegenüber (ehemaligen) Geschäftsführern. Für Geschäftsführer ist die
Entscheidung ein deutliches Signal: Wer private Interessen über
Gesellschaftsinteressen stellt und Auszahlungen ohne klare Rechtsgrundlage
veranlasst, setzt sich einer persönlichen Haftung in erheblicher Höhe aus.
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