veröffentlicht am 04.08.2025 -
Rechtsanwältin Mihriban
Bircan-Paul
Arbeitgeber haften bei verspäteter Festlegung der Zielvorgabe
Ein Meilenstein für Arbeitnehmerrechte! Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Wer zu
spät kommt, zahlt.
Konkret betrifft das Arbeitgeber, die Zielvorgaben für variable
Vergütungsbestandteile zu spät oder gar nicht festlegen.
In seinem Urteil vom 19. Februar 2025 (10 AZR 57/24) hat das BAG entschieden,
dass ein Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn die Zielvorgaben für
eine erfolgsabhängige Vergütung zu spät erfolgen. Insbesondere dann, wenn diese ihre
Steuerungs- und Motivationsfunktion nicht mehr entfalten können.
Zielvorgabe im Oktober zu spät fürs Bonusjahr?
Ein leitender Angestellter klagte auf Schadensersatz, weil ihm für das Jahr 2019 keine
individuellen Ziele und erst ab Oktober konkrete Unternehmensziele vorgegeben
wurden, also zu einem Zeitpunkt, als rund drei Viertel des Jahres bereits vergangen
waren. Die Folge: Eine leistungsorientierte Steuerung seiner Tätigkeit war nicht mehr
möglich.
Der Arbeitgeber zahlte zwar einen pauschalen Bonus, doch das reichte dem
Arbeitnehmer nicht. Zu Recht, wie das BAG feststellte.
Der Leitsatz des Urteils bringt es auf den Punkt:
„Verstößt der Arbeitgeber schuldhaft gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung,
dem Arbeitnehmer rechtzeitig [...] Ziele vorzugeben [...], löst dies [...] einen
Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz statt der Leistung aus.“
Entscheidend ist, dass die Zielvorgabe so rechtzeitig erfolgt, dass sie
steuernd und
motivierend auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers wirken kann. Ist das nicht mehr
möglich, entfällt die Grundlage für eine spätere Zielbestimmung, auch durch das
Gericht.
Was heißt das für die Praxis?
Für Arbeitgeber:
- Zielvorgaben müssen rechtzeitig erfolgen. Oft ist ein konkretes Datum (wie der 1. März) arbeitsvertraglich oder per Betriebsvereinbarung festgelegt.
- Wird dieses Versäumnis nicht plausibel erklärt, droht Schadensersatzpflicht und zwar in voller Höhe der zu erwartenden variablen Vergütung.
- Eine bloße Pauschalierung oder Rückgriff auf Durchschnittswerte reicht nicht aus.
Für Arbeitnehmer:
- Wer keine Zielvorgaben erhält, sollte das dokumentieren und frühzeitig rügen.
- Ein Schadensersatzanspruch ist möglich, auch wenn der Bonus formal nicht eingefordert werden kann. Es genügt die Pflichtverletzung des Arbeitgebers.
- Das BAG nimmt den Arbeitnehmer nicht in die Pflicht, etwa durch Klage eine Zielbestimmung zu erzwingen. Die Verantwortung liegt beim Arbeitgeber.
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ETIQUE Legal – Rechtsanwältin Bircan-Paul als Expertin für Arbeitsrecht auf Arbeitgeberseite.